Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit!

„Familien im Brennpunkt“, „Verdachtsfälle“, „Richter Alexander Hold“ usw.
Das sind alles sogenannte „Scripted Reality“-Sendungen. Zu Deutsch: Eine Sendung, bei der im Prinzip alles gelogen ist.
Die Wikipedia zählt über 29 Sendungen, die unter dieser Bezeichnung im deutschen Fernsehen laufen bzw. liefen. Dies ist aber nur eine kleine Auswahl. Es gibt noch viel mehr solcher Sendungen.

Die oben genannten Sendungen sind die bekanntesten oder erfolgreichsten. Viele davon laufen beim Kölner Sender „RTL“. Dieser hatte schon früher für viel Aufruhr gesorgt. Aber erstmal zur Erklärung: „Was ist eigentlich Scripted-Reality“?
Scripted-Reality Sendungen sind Sendungen, die einem die Realität vorgaukeln. So werden zum Beispiel „echte“ Familienprobleme, angebliche Gerichtsverhandlungen oder scheinbar reale Verkehrskontrollen gezeigt. Dies sind aber gar keine echten Fälle und Ereignisse. Bei diesen Sendungen wird im Normalfall ein Drehbuch verwendet, das heißt, dass fast alles gefälscht ist, und die Leute, die dort auftauchen, bekommen vom Redakteur Anweisungen, die sie dann ausführen sollen. Alles also alles nur gespielt.

So wird zum Beispiel aus Familie Musterhausen, die im beschaulichen Ludwigshafener Bezirk Oppau wohnt, die Familie Mustermann-Schmitikowski aus Ludwigshafen-Hemshof. Denn der Hemshof ist ein sozialer Brennpunkt und nur so etwas zieht Zuschauer an.
Bei der Familie Mustermann ist es der Mann, der den Haushalt macht, und die Frau arbeitet als Architektin. Das Ehepaar, das schon seit 15 Jahren glücklich verheiratet ist, hat zwei Kinder.

Bei der Familie Mustermann-Schmitikowski aus Hemshof ist keiner am Arbeiten, die zwei Kinder haben nur Probleme und die Familie weiß nicht mehr weiter. Die Familie bekommt alle passenden Klischees aufgedrückt. Hier ein Fliesentisch und leere Bierflaschen überall. Die Familie kriegt ALG 2 (Hartz IV) und die Kinder drehen immer mehr durch. Warum aber? Niemand will eine „normale“ Familie sehen. Nur Zoff und Krawall bringen nämlich Quote.

Seht ihr den Unterschied?
Doch wie wird das Programm gemacht? Denken sich die Sender dies einfach aus?

Jein, denn das Programm wird zu einem großen Teil über die sog. Fernsehquoten bestimmt. Da erreichen Sendungen wie „Bauer sucht Frau“ (RTL) schon mal Einschaltquoten von 24%/2,98 Mio. Zuschauern. Aber woher kommen diese Zahlen?
Das ist einfach erklärt. Das „Quotenmeter“ der GfK misst die Quoten und sendet diese an den Sender. Doch nicht jeder Haushalt hat ein solches Gerät auf dem TV-Gerät stehen.
Eine Quotenbox stellt ca. 6000 Zuschauer dar.
Da gibt es dann noch die „Medienrelevante Zielgruppe“, das sind die 14-49-jährigen Zuschauer. Alle anderen sind für den Sender uninteressant. Und diese schauen scheinbar gerne Scripted-Reality Sendungen und alles, wo „Zoff“ mit drinnen ist.

Noch eine Frage: „Das kostet den Sender doch Geld?“
Antwort: Ebenso jein, diese Sendungen sind nämlich billig zu produzieren.

Ihr kennt doch bestimmt die Sendung „Berlin Tag und Nacht“ auf RTL2 ?
Da wirft einer ein Wort in den Raum, und dann wird diskutiert. Mehr nicht. Aber so eine Sendung macht den Zuschauern wohl Spaß. „Zoff“ bringt die Quote, ganz einfach.

Aber ich frage mich, was geht in den Köpfen der Redakeure bei den Privatsendern nur ab?
Der Sender „ProSieben“ hat bei der „Wissens“-Sendung Galileo die sog. „Woche des Bösen“ eingeleitet. Es wurde z.B. das Thema Mobbing besprochen, ein Thema, das man besprechen muss. Das finde ich sehr gut. Aber eine bodenlose Frechheit finde ich, wenn (ehem.) Mobbingopfer vor die Kamera „gezerrt“ werden und dann ihre Geschichte wieder erzählen müssen. Eine psychische Belastung. Und andere erfreuen sich daran.

Mich stört am deutschen Fernsehprogramm, dass die Menschenwürde zu oft verletzt wird. Ebenso stört mich die „Sensationsgeilheit“ der Zuschauer und dass sich die Sender am Schicksal anderer Personen erfreuen. Außerdem ist wie oben beschrieben vieles gelogen bzw. entspricht nur zum Teil der Wahrheit. Und viele Jugendliche halten diese Sendungen für das reale Leben und eifern ihren Vorbildern nach.

Ein Bericht von Mehdi Mohamad, Klasse 7a

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